Lahrer Zeitung - Dienstag, 15. November 2005
Eine echte Sternstunde
Luka Bloom überzeugt sein Publikum im 'Schlachthof' auf der ganzen Linie
Von Jürgen Haberer
Lahr. Ein ausverkauftes Haus, ein klassischer Geschichtenerzähler mit musikalischem
Gespür und ein Tourneeauftakt nach Maß. Mit dem Auftritt von Luka Bloom erlebte die
Reihe "Songs 'n' Singers" am Sonntagabend wieder einmal eine echte Sternstunde.
Als Bruder der irischen Folklegende Christy Moore vor 50 Jahren im irischen Newbridge
geboren, konnte Kevin Barry Moore den übergroßen Schatten seines Bruders erst mit
der Übersiedelung in die USA abstreifen. Er änderte seinen Namen in Luka Bloom und
tauchte ein in die amerikanische Folkszene, deren Spuren auch heute noch in seiner Musik
präsent sind. 1995 kehrte er jedoch auf die Grüne Insel zurück und verfestigte damit
einen Stil, der unüberhörbar von beiden Kulturkreisen zehrt. Luka Bloom ist der klassische
Geschichtenerzähler mit Gitarre, ein Meister gefühlvoller, leicht melancholischer Balladen.
Er ist aber auch ein unüberhörbar politischer Folksänger, ein Musiker, der sein Konzert
mit einem musikalischen Statement gegen den Krieg im Irak eröffnet und auch mit dem
Lebensgefühl und der Lässigkeit der amerikanischen Westküste kokettiert.
Bei seinem Tourneeauftakt im Lahrer "Schlachthof" setzte er hier und da zwar etwas zu
viel auf die immer wiederkehrenden Assoziationen auf die Stadt und den Veranstaltungsort.
Ausgestattet mit einem feinen Blick, Humor und musikalischem Gespür, gestaltete er jedoch
einen gut zweistündigen Auftritt der Extraklasse.
Der Auftakt des Abends gehörte jedoch einem weiteren Spross der musikalischen Familie.
Deutlich stärker an der amerikanischen Folkmusik orientiert, absolvierte sein Neffe Gavin Moore
erst einmal einen rund 30-minütigen Überraschungsauftritt, der seine starken Momente hatte.
Als größter Pluspunkt entpuppte sich dabei der weiche, melodische Klang einer Stimme, die
den Zuhörern in einer deutlich gereifteren Form auch bei Luka Bloom begegnete.
Gegenüber seinem wesentlich jüngeren Verwandten legte dieser nach einer kurzen Pause
dann aber noch einmal nach. Luka Bloom spielte gekonnt mit der Atmosphäre und den Reaktionen
der Zuhörer, servierte gefühlvolle Balladen und kleine Geschichten über die Heimat, stellte
sich klar gegen die Politik von George W. Bush und Toni Blair, gegen soziale Kälte und Raffgier.
Seine Songs sind aber auch musikalische Perlen, die hier und da folkloristische Ansätze aus
ganz Europa streifen, mit Spannungsbögen spielen - ohne den Ansatz eines Folkkonzerts
jemals zu verlassen.
Badische Zeitung - Dienstag, 15. November 2005
Mann mit Gitarre
Ein gut aufgelegter Luka Bloom überzeugte im Schlachthof
LAHR (aa). "Ausverkauft", beschied Kevin Barry Moore alias Luka Bloom am
Sonntagabend, sei sein "neuestes deutsches Lieblingswort". Ausverkauft war
nämlich die Vorstellung des irischen Folksängers, die an diesem Abend im
Rahmen der Reihe "Songs 'n' Singers" über die Bühne des Lahrer
"Schlachthofs Jugend und Kultur" ging. Eine begeisternde Vorstellung, gesanglich
und spielerisch auf höchstem Niveau, mit poetischen Liedern zwischen gesellschaftlichem
Engagement und schwelgerischer Naturlyrik, und vor allem mit einem gut aufgelegten,
humorvoll selbstironischen Luka Bloom von internationalem Format.
Luka Bloom ist weiß Gott kein Anfänger im Feld der Singer und Songwriter.
Als Bruder der irischen Folklegende Christy Moore absolvierte er bereits mit 14 Jahren
seine ersten Konzerttourneen. Heute, mit 50 Lenzen im Gepäck, zählt er zu den
renommiertesten Barden der grünen Insel, wiewohl er ganz und gar nicht dem
Typus der bierseligen irischen Stimmungskanone entspricht.
Nein, nichts von Jigs and Reels bei Luka Bloom! Sanfte Intimität herrscht in
seinen Liedern, egal ob er vom Friedensprozess in Nordirland, vom Irak-Krieg,
Migrationsproblemen oder seiner Heimat singt. Leicht melancholisch ist Blooms
Ton, dabei völlig frei von Larmoyanz und bei aller Gesellschaftskritik getragen
von Zuversicht. Dieser optimistische Grundzug, den Bloom sich gegen eine Welt des
Zynismus und Sarkasmus ("Innocence") bewahrt hat, schafft die Basis,
auf der er im Lahrer Schlachthof mit dem Lahrer Publikum kommuniziert. Wenn er vom
Lebensgefühl des "Here and Now" singt, oder den Kindern von
Beslan ein zärtliches Instrumental ("Peace on Earth") widmet, dann
hat er beim dicht gedrängten Publikum von vornherein gewonnen.
Kommt hinzu, dass Bloom mit selbstironischen Zwischenkommentaren von umwerfend
trockenem Humor unterhält. Obwohl er einfach nur auf seinem Stuhl sitzt und kaum
eine Miene verzieht, entlockt er dem Publikum mit seinen lakonischen Anmerkungen
zu Lahr ("endlich habe ich es hierher geschafft"), zur Bühnentechnik
("der Scheinwerfer brennt mir ein Loch ins Genick") oder seinen Landsleuten
("wir Iren beklagen uns ständig, vor allem übers Wetter") einen
Lacher nach dem anderen.
Und dann glänzt Luka Bloom als Gitarrist. Er zupft, streicht und schlägt sein
Instrument mit beeindruckender Fingerfertigkeit und liebt es, die Grenzen der heimatlichen
Folklore aufzusprengen. Anleihen aus dem Balkan oder Nordafrika und Coverversionen
von Bob Dylan oder "The Cure" bereichern sein Programm, das über
anderthalb Konzertstunden nie an Intensität verliert.
Keine Frage, Luka Bloom ist ein Meister seiner Zunft. Das Lahrer Publikum
erkannte das am Sonntag mit begeistertem Applaus und stürmischen
Zugabeforderungen an. Neffe Gavin Moore, den Bloom als sein Vorprogramm
mitgebracht hatte, bekam von diesem warmen Regen auch seinen
wohlverdienten Anteil ab. In der Familie Moore scheint hochklassige
Folkmusik genetisch bedingt zu sein.